"Der Kleine!" Antonellis Pole verblüfft Wolff: Mercedes' Mut wird belohnt

(Motorsport-Total.com) - Am besten bringt es am Freitag in Miami Kimi Antonelli selbst auf den Punkt - nicht nur auf der Strecke, bei seiner sensationellen Pole für den Sprint, sondern auch danach im Interview: "Wow, damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet", staunt auch der Italiener über seine eigene Leistung nicht schlecht - und bekräftigt: "Überhaupt nicht!"
Kimi Antonelli schnappt sich sensationell die Pole für den Sprint in Miami Zoom
"Ich wusste, dass die Runde gut war, und ich war zufrieden damit, wie alles zusammengepasst hat. Aber es gab noch ein paar Stellen, an denen ich es besser hätte machen können", erklärt der Mercedes-Rookie bei Sky, warum er nicht damit gerechnet hatte, ganz vorne zu landen: "Trotzdem bin ich natürlich sehr glücklich, dass ich alle Sektoren zusammengebracht habe."
Unglaublich: An seinem erst sechsten Grand-Prix-Wochenende rast Antonelli erstmals auf den ersten Startplatz! Mercedes-Teamchef Toto Wolff kann es kaum fassen: "Der Kleine! Er ist noch vor ein paar Jahren so groß hier neben mir gestanden in der Garage, und hat mit großen Augen geschaut - das war irgendwie gestern", schwelgt Wolff in Erinnerungen.
Wolff nach Antonelli-Pole: "Das ist mal eine Ansage!"Am Freitag habe sein Schützling nun aber allen den "unglaublichen Speed, den er da hat", gezeigt, so Wolff, der bei Sky zu bedenken gibt: "Der Kimi hat vor sieben, acht Monaten, glaube ich, erst seinen Führerschein gemacht. Er ist 18 Jahre alt, war noch nie in Miami, und stellt sich auf die Pole - auch wenn es nur das Sprintrennen ist, aber das ist mal eine Ansage!"
McLaren geschlagen: Kimi Antonelli stellt die versammelte Weltelite in den Schatten Zoom
Dabei wundert sich der Mercedes-Teamchef: "Wir haben immer gesagt, es werden Fehler passieren. Er hat sich aber konstant weiterentwickelt, die Fehler nicht gemacht." Wenngleich Wolff überzeugt ist: "Die werden aber kommen." Dass sie bisher jedoch ausblieben, habe einen positiven Nebeneffekt gehabt, denn: "Diese Kilometer, die spielen jetzt da hinein, dass er so eine Performance zeigen kann", glaubt der Teamchef.
Bestätigt sieht Wolff dadurch auch Mercedes' Vorgehen in Bezug auf Antonellis Beförderung: "Es waren viele Stimmen, auch aus dem Sport, die gesagt haben: 'Warum nicht Vorbereitungsjahre bei Williams oder so?' Aber für uns stand fest, wir wollen ihm das Vorbereitungsjahr bei uns geben, damit er für nächstes Jahr bereit ist, wenn das neue Reglement kommt, alle Strecken kennt."
Stolz erklärt der Wiener: "Das Risiko gehen wir ein, auch, dass es Fehler gibt. Und jetzt werden wir belohnt für unseren Mut." Glückwünsche dafür gibt es sogar von der Konkurrenz - McLaren-CEO Zak Brown lobt nach der Sensations-Pole: "Tolle Runde! Ich denke, wir haben da einen weiteren Superstar, mit dem wir uns in Zukunft auseinandersetzen müssen - wenngleich es wohl niemanden wirklich überrascht", so der US-Amerikaner, der anfügt: "Mercedes war das ganze Wochenende über sehr schnell. Es ist schön, das zu sehen."
Mercedes-Longrun "hat nicht so gut ausgeschaut"Doch Teamchef Wolff warnt gegenüber ServusTV vor zu viel Euphorie und will lieber am Boden bleiben: "Ich habe gleich der tosenden Menge in der Garage gesagt: 'Okay, jetzt ist genug gefeiert, das ist die Sprint-Quali-Pole.'" Zwar sei diese "wunderbar", aber "jetzt beginnen wir für morgen zu arbeiten und schauen, was wir tun, dass das auch im richtigen Qualifying und fürs Rennen am Sonntag so gut geht."
Dann mit Blick auf das weitere Wochenende hat Wolff so seine Zweifel, dass die Silberpfeile wirklich die Spitze verteidigen können: "Ich glaube, auf eine Runde sind wir schnell, auf dem Longrun hat es nicht so gut ausgeschaut, aber das werden wir dann am Sonntag sehen. Ich glaube, ein erster Schritt ist mal wichtig, dass das Auto die Performance hat - und dann muss man halt die Reifen wieder sanft behandeln."
Schneller Silberpfeil: Kimi Antonelli war am Freitag in Miami nicht zu stoppen Zoom
Der gefeierte Pole-Setter nimmt sich an den Worten seines Chefs indes ein Beispiel, um den Fokus zu behalten: "Ich werde diesen Moment jetzt ein wenig genießen, aber gleichzeitig versuche ich schon, mich auf morgen zu konzentrieren - es wäre schön, diese Leistung zu wiederholen", sagt Antonelli. Ein erster Sieg, egal ob im Sprint oder dem Rennen, sei aber noch "ein großes, großes Ziel".
Der 18-Jährige gibt zu bedenken: "Wir wissen, dass McLaren, Ferrari und auch Red Bull eine wirklich starke Rennpace haben. Aber ich denke, wir liegen alle ziemlich eng beieinander. Deshalb wird morgen der Start sehr wichtig sein. Danach geht es darum, ein gutes Tempo zu fahren, ohne zu viel zu riskieren - und dann im Qualifying vielleicht noch eine Schippe draufzulegen", hofft Antonelli, die starke Leistung vom Freitag wiederholen zu können.
Pole-Mann Antonelli: "Die Pause hat sehr geholfen"Interessant: Als plötzliche Leistungsexplosion bewertet der Neuling seinen Auftritt in Miami aber nicht, mehr als konstante Entwicklung - wenngleich es Antonelli dabei manchmal nicht schnell genug geht: "Ich lerne jedes Wochenende enorm viel dazu. Die Pause letzte Woche hat mir auch sehr geholfen, denn ich konnte alle Informationen verarbeiten und auch mal ein bisschen Energie auftanken", verrät der Mann aus Bologna.
Mit frisch aufgeladenen Batterien ging es anschließend weiter nach Miami - wie immer mit Vater Marco an seiner Seite: "Er fährt ja immer noch zu den Rennen, weil er sagt: 'Mensch, der ist so jung, ich kann ihn nicht allein lassen, ich gehe mit ihm mit", verrät Sky-Experte Ralf Schumacher über das Vater-Sohn-Gespann Antonelli - und fügt hinzu: "Es ist so süß die beiden zu sehen." Für Vater Marco sei die Pole "wahrscheinlich noch ein größerer Moment als für den Sohn", sagt Schumacher: "Klar ist der Papa stolz."
Diesen Tag wird Antonelli nicht vergessen: Erste Sprint-Pole mit gerade mal 18 Jahren Zoom
Antonelli senior bestätigt das wenig später auch im Interview: "Es ist unglaublich, Kimi auf der Pole zu sehen. Natürlich, es ist nur ein Sprint-Qualifying und das Wochenende ist noch lang - aber es ist ein sehr guter Start", freut sich der Vater des Tagesschnellsten am Sky-Mikro.
Allein: Es bleibt die Frage, wie der Mercedes-Rookie es schafft, den ganzen Rummel und Hype um seine Person, der nun natürlich nochmal größer geworden ist, wegzustecken? "Wir sind eine Familie, die versucht hat, unseren Kindern - wir haben auch eine Tochter - Werte mitzugeben: Dass man im Leben immer hart arbeiten muss und sich erst dann beschweren darf, wenn man ehrlich geprüft hat, ob man selbst gute Arbeit geleistet hat. Der Blick muss nach vorn gehen", gibt sein Vater Einblick ins Innenleben der Antonellis.
Großer Erfolg für "eine ganz normale Familie""Der Alltag ist hart - auch für uns als ganz normale Familie, die jeden Tag arbeitet. Ich denke, wir sind da nicht anders als andere Familien, die ihren Kindern das Beste für ihr Leben mitgeben möchten", erklärt der Italiener: "Und ich glaube, Kimi hat das verstanden. Das hier ist das Ergebnis davon - abgesehen von seinem Speed und seinen Qualitäten auf der Strecke. Es macht uns unglaublich stolz."
Dennoch ist auch dem glücklichen Papa bewusst: "Qualifying ist Qualifying. Wir wissen: Morgen ist ein neuer Tag. Jetzt feiern wir diesen Moment, aber der Fokus muss auf morgen liegen." Denn: "In der Formel 1, speziell in der Formel 1 des Jahres 2025, muss man immer ruhig bleiben. Es ist unglaublich schwer, konstant auf dem gleichen Niveau zu performen. Heute bist du an der Spitze, morgen kannst du eine Sekunde später ganz hinten stehen."
Stolzer Papa: Marco Antonelli herzt seinen Sohn nach der Sensation von Miami Zoom
Der Italiener gibt zu bedenken: "Das hier ist ja erst der Anfang von Kimis Weg. Zum Glück haben wir ein großartiges Team um uns, fantastische Menschen: Toto ist großartig, Bono ist super", schwärmt Antonelli senior vom ehemaligen Renningenieur Lewis Hamiltons, der nun seinen Filius unter die Fittiche genommen hat: "Wir sind in einer wirklich guten Position mit Mercedes."
Damit aber in seiner Abwesenheit auch in der Heimat alles in einer guten Position bleibt, gibt es vom tief im Motorsport verwurzelten Italiener am Ende des Tages noch spezielle Grüße: "Meine Frau und meine Tochter sind in Misano. Wir haben ein GT-Team, und heute ist das erste Rennen der italienischen GT-Meisterschaft. Ich bin hier, aber sie sind dort - bei der Arbeit." Eben ganz getreu der Arbeitsethik in der Familie Antonelli...
Dass er bei seiner ersten großen Sternstunde in der Formel 1 zumindest nicht ganz ohne familiäre Unterstützung auskommen muss, das freut am Ende dann auch den Mann des Tages: "Ja, definitiv. Es ist ein wirklich schöner Moment, den wir gemeinsam teilen können. Mein Vater begleitet mich seit Saisonbeginn - und er ist wie ein Fels für mich, auf den ich mich immer verlassen kann", sagt Antonelli: "Es bedeutet mir viel, diesen Erfolg mit ihm zu teilen."
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